EU-Taxonomie – Demokratische Vorrechte des Parlaments verteidigen

Europa

Der EU-Abgeordnete René Repasi hat heute vor dem Europäischen Gerichtshof Klage gegen den ergänzenden delegierten Rechtsakt zur Taxonomie erhoben. Mit diesem delegierten Rechtsakt hat die Kommission entschieden, dass die Energieerzeugung aus fossilem Erdgas und Kernenergie ökologisch nachhaltige Wirtschaftstätigkeiten sind.

Eine politisch so hoch umstrittene Frage, argumentiert der Abgeordnete, der zugleich auch Professor für EU-Recht an der Erasmus-Universität Rotterdam ist, muss im Europäischen Parlament, welches von den Bürgerinnen und Bürgern direkt gewählt ist und damit über die die Legitimation verfügt, um über Fragen mit solcher Tragweite zu entscheiden, verhandelt und entschieden werden. Die EU-Kommission hat die ihr in den Verträgen zugewiesenen Kompetenzen überschritten.

Prof. Dr. René Repasi, Mitglied des Europäischen Parlaments: "Ich habe heute Klage gegen den delegierten Rechtsakt zur EU-Taxonomie vor dem EuGH erhoben, um die demokratischen Vorrechte des Europäischen Parlaments zu verteidigen.

Wenn das öffentliche Interesse an EU-Gesetzgebung so groß ist, dass Aktivist:innen tagelang vor dem Parlament in Straßburg protestieren, an die Bürotüren von Abgeordneten klopfen und mit tausenden von E-Mails die Postfächer überfluten, dann kann man unmöglich von technischer Detailrechtssetzung sprechen. Dennoch hat die EU-Kommission die Frage, welche Investitionen in Energieträger- oder Infrastruktur zukünftig als nachhaltig anzusehen sind, mithilfe eines delegierten Rechtsaktes entschieden und damit eine politische Entscheidung getroffen, ein Vorrecht des direkt gewählten Europäischen Parlaments und des Rates, in dem die Regierungen der Mitgliedstaaten zusammenkommen.

Bei einem Thema von solcher Tragweite muss es im Parlament möglich sein, widerstreitende Interessen abzuwägen und zu debattieren, Änderungsanträge einzubringen sowie Teile eines Gesetzgebungsvorschlags anzunehmen und andere abzulehnen. Eine solche Entscheidung darf nicht über den Umweg technischer Rechtssetzung getroffen werden. Dafür fehlt der Kommission die demokratische Legitimation.

Bisher gibt es übrigens kein individuelles und einklagbares Recht für einzelne Abgeordnete, wie wir es im deutschen Verfassungsrecht kennen. Mit dieser Klage will ich ein echtes Minderheitenrecht für einzelne Europaabgeordnete schaffen. Das ist vor allem dann wichtig, wenn die Verteidigung von Parlamentsrechten durch das Parlament selbst – wie hier – von einer rechten Mehrheit in den zuständigen Ausschüssen verhindert wurde.

Ich sehe meine Rechte als Abgeordneter und damit Vertreter der Unionsbürgerinnen und -bürger verletzt und bin der Ansicht, dass die Kommission, die ihr in den EU-Verträgen zugewiesenen Kompeten-zen überschritten hat – losgelöst von meiner inhaltlichen Einschätzung der Frage nach der ökologischen Nachhaltigkeit von Atom- oder Gasenergie – weshalb ich heute Klage vor dem Europäischen Gerichtshof erhoben habe.

Es geht hier um nicht weniger als demokratische Prinzipien und die Vorrechte des Europäischen Parlaments."

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